Reinoldus Fahne
Am 06. September 1868 fand nach der Messe die Weihe der ersten Fahne der Kolpingsfamilie in dem Vereinslokal Schulte statt, weil Pastor Fischer ihr den Segen in der Kirche verweigerte. Rektor Cronenberg war wegen seiner Versetzung nicht mehr im Amt, deshalb übernahm Vikar Arnoldy diese Aufgabe. Ob die Fahne nach dem Tod von Pastor Fischer in der Kirche gesegnet wurde, ist nicht bekannt. Bis heute gehen die Meinungen auseinander, ob der Segen in der Gaststätte ein kirchlicher Segen ist. Eins ist sicher, es handelt sich bei der Fahne um ein wertvolles Traditionsstück der Kolpingsfamilie. Die Fahne wurde mit Hilfe von Spenden im Jahre 1999 in Rumänien restauriert und dem bergischen Freilichtmuseum übergeben, in dem sie vor allen Einflüssen geschützt gelagert wird. Sie ist 1,90 m hoch und 1,70 m breit. Der Stoff besteht aus Seide, der ein blumiges Strukturmuster aufweist. Die unterschiedliche Farbgestaltung des Stoffes wurde zum Teil durch Applikationen und zum Teil durch Bemalung erreicht. Die Fahne ist mit einem Stoffrand umnäht, an dem Fransen angebracht sind.
Auf der Vorderseite ist in der Mitte der Fahne der hl. Reinoldus, der für die Lindlarer bedeutsame Schutzpatron der Steinhauer in brauner Kutte mit Ritterstiefeln dargestellt. In den Händen hält er einen Hammer, ein Gebetbuch und einen Rosenkranz. Der Heilige wird durch einen hellen Hintergrund von dem Grundton der Fahne optisch hervorgehoben. Der helle Hintergrund ist zusätzlich mit einem blumigen Ornament umrahmt. Mittig links und mittig oben erkennt man zwei Handwerkszeichen: Die abgebildeten Arbeitsgeräte symbolisieren das Weber- und das Schlosserhandwerk. Der Fahnenspruch, auf vier Banderolen dargestellt und symmetrisch im Eckenbereich der Fahne zu sehen, ist nur noch fragmentarisch erhalten. Lesbar sind die lateinischen Worte: ` Sanctus, ora pro `. Weitere Symbole, die auf den Seidenstoff appliziert bzw. gemalt wurden, sind Blumen und Trauben.
Auch die Rückseite besitzt ein zentrales Motiv: Die Mutter Gottes mit Kind. Das Gewand der Mutter Gottes ist gelb-gold gehalten. Das Jesuskind ist in blau-weiße Tücher gehüllt. Die Lilie, die die Mutter Gottes in der Hand hält, symbolisiert die jungfräuliche Geburt.
Die Motiv- und Farbgebung ist so gehalten, dass beide Gestalten in goldenem Licht, aus einer Wolke herausragend, stehen. Unter der Wolke erkennt man einen Engel mit ausgebreiteten Flügeln. Die mittig rechts und mittig oben erkennbaren Handwerkszeichen sind die des Schmiedes und des Schreiners. Der Fahnenspruch, wie auf der Vorderseite angeordnet, lautet wie folgt: `Gott segne das Handwerk, Frohsinn und Scherz, Arbeitsamkeit und Fleiß.
Obwohl in der Zeit des Kulturkampfes ( 1872 – 1889 ) die Tätigkeit des katholischen Gesellenvereins stark eingeschränkt war, hielten die Steinhauermeister und Gesellen in der Gilde zusammen und sorgten für gegenseitige Unterstützung. Zur besseren Absicherung ihrer Mitglieder im Krankheitsfall lösten sie die bestehende Unterstützungskasse auf und überführten alle Mitglieder in die Allgemeine Ortskrankenkasse. Als 1889 die Invaliden- und Altersversicherung eingeführt wurde, war hiermit die notwendige Versorgung für das Alter gesichert.
Bis zum 1. Weltkrieg blieb die Steinhauergilde mehr oder weniger bestehen. In den Kriegsjahren trat sie wieder öfter in Erscheinung. Sie nahm sich der Einberufenen und deren Angehörigen an und pflegten die Kameradschaft. Neues Leben kam erst wieder nach dem Krieg in die Gilde. Weil zwischen den beiden Weltkriegen auch die Lindlarer Steinindustrie durch eine hohe Anzahl von Arbeitslosen gekennzeichnet wurde, war es um so erstaunlicher, dass die Steinhauergilde wieder auflebte. Unter dem Vorstand der Steinhauer Hermann Börsch, Josef Schmitz, Alois Schumacher und Willi Zens fand die Steinhauergilde zu ihrer alten Bedeutung zurück. Die gegenseitige Hilfe unter dem Patronat des hl. Reinoldus nahm ihren Lauf, daran änderte auch die Zeit nach 1933 nichts.
Mit uns auf dem Laufenden bleiben: